Damit hatte fest keiner gerechnet, am wenigsten die Analysten: Der Gewinn der Deutschen Bank im zweiten Quartal soll die Konsensschätzungen weit übertreffen. So weit, dass die Deutsche Bank den Erfolg letzten Montag in einer Ad-hoc-Meldung angekündigt hat. Nach einer gefühlt endlosen Serie schlechter Nachrichten – zuletzt vom nicht bestandenen US-Stresstest und dem drohenden Rauswurf aus dem Index Euro Stoxx – war das eine willkommene Abwechslung, fanden Börsianer. Sie schickten den Kurs in der Spitze um rund acht Prozent nach oben, die Notiz überwand sogar die magische Grenze von zehn Euro. Experten waren von einem Vorsteuergewinn von 321 mn Euro ausgegangen. Die Deutsche Bank will bei der Quartalsbilanz kommenden Mittwoch mit 700 Millionen Euro doppelt so viel vorlegen. Netto sollte laut Konsens ein Gewinn von 159 Millionen Euro bleiben, die Bank rechnet mit etwa 400 Millionen Euro.
Das ist ein Bilderbuchstart für den Anfang April angetretenen Vorstandschef Christian Sewing. Der Neue beeindruckt mit Kostendisziplin. Auf 5,8 Milliarden Euro belaufen sich die zinsunabhängigen Ausgaben, Analysten hatten mit sechs Milliarden Euro gerechnet. „Sinkende Kosten sind ein gutes Zeichen. Nur so kann die Deutsche Bank in einigen Segmenten ihre Profitabilität steigern“, sagt Michael Hünseler, Geschäftsführer des Investmenthauses Assenagon.
Blinde Stellen
Eine genauere Lektüre der Ad-hoc-Meldung offenbart jedoch auch Schattenseiten. Nicht nur, weil die Deutsche Bank sich im Vergleich zum Vorjahresquartal in fast allen Kennziffern verschlechtert hat. Vor Jahresfrist lag beispielsweise der Nettogewinn bei 822 Millionen Euro. Die Erträge wuppt die Deutsche Bank nur mit zwei Kniffen aufs Vorjahresniveau von 6,6 Milliarden Euro. Zum einen schlägt sich hier der Verkauf eines nicht genauer definierten Vermögenswerts nieder. Zum anderen hat das Haus Bewertungsanpassungen aufgrund gestiegener Refinanzierungskosten vorgenommen. Das belegt erneut die Misere des Instituts: Investoren vertrauen der Bank ihr Geld nur gegen hohe Zinsen an, das treibt die Kosten.
Auf der Minusseite steht zudem der Ertragseinbruch im Wertpapierhandel von 15 Prozent. „Dabei ist das Segment Sales & Trading eine Ertragssäule der Deutschen Bank“, sagt Hünseler. Besonders unvorteilhaft seien die Einbußen im Vergleich zur US-Konkurrenz, die im zweiten Quartal von hohen Handelsumsätzen an den Aktienmärkten profitiert hat. Der Reform- und Kostendruck der Deutschen Bank sei hier enorm, meint Hünseler. Einiges hat Sewing bereits angestoßen: 1.700 Mitarbeiter in den USA mussten den Hut nehmen. Doch in den folgenden Quartalen könnten Abschreibungen oder Kosten für den Umbau in Europa belasten.
Noch immer setzen Hedgefonds mit Short-Positionen im Volumen von knapp eine Milliarde Euro auf den Kursverfall der Krisenbank. Nach dem Kurssprung haben sie wohl Aktien gekauft, was die Bewegung verstärkt haben dürfte. Auch mancher Börsianer beäugt das plötzliche Gewinnwunder so kurz nach Sewings Antritt skeptisch. Die vollständige Quartalsbilanz kommenden Mittwoch dürfte zeigen, ob es weitere Schwachstellen gibt. Eine gute Nachricht rettet das Haus noch nicht aus der Abwärtsspirale.