Eine radikale Umkehr im Steuersystem und eine Besteuerung von Daten – nicht mehr fordert Angela Merkel als Reform des Steuersystems, um den Wert von Daten besser bewerten zu können.
„Die Bepreisung von Daten, besonders die der Konsumenten, ist aus meiner Sicht das zentrale Gerechtigkeitsproblem der Zukunft“, sagte Merkel auf einer Veranstaltung in Berlin.
Ansonsten werde man eine sehr ungerechte Welt erleben, in der die Menschen Daten kostenlos lieferten und andere damit Geld verdienten. Daten seien der Rohstoff der Zukunft. „Da liegt die Gefahr einer großen Ungerechtigkeit auf der Welt“, sagte die Kanzlerin am Montag mit Hinweis darauf, dass reale Dinge auch bepreist und besteuert würden. „Das müssen wir in unser Steuersystem einarbeiten“, forderte Merkel.
Das gegenwärtige Problem im Umgang mit Daten zeige sich etwa an der Diskussion darüber, wie man eigentlich große amerikanische Internetkonzerne wie Facebook oder Google besteuern solle. Es sei die Frage, ob sich dafür die Körperschaftssteuer oder die Orientierung am Umsatz eigneten. Merkel fordert Vorschläge von Wissenschaftlern für ein Steuersystem im Digitalzeitalter ein. „Das halte ich für eines der wichtigsten Dinge“, sagte sie zur nötigen Reform der Besteuerung.
Pläne auf EU-Ebene nicht neu
Die Frage, wie man Google, Facebook, Amazon und Apple in Europa besteuern kann, beschäftigt schon seit einiger Zeit die Europäische Union. Kernproblem ist, dass die Digitalunternehmen im Durchschnitt weniger Steuern zahlen als klassische Industriebetriebe, weil ihr Geschäftsmodell schwerer greifbar ist – denn sie haben keine physischen Betriebsstätten.
Dadurch können sie nur an ihrem Firmensitz besteuert werden, den sie sich frei aussuchen können – durchaus auch abhängig davon, wo die Körperschaftssteuer niedrig ist. Deshalb hat etwa Facebook seinen europäischen Hauptsitz in Irland. Im Oktober hatten die EU-Staats- und -Regierungschefs, angeführt vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, ein „effektives und faires Steuersystem fürs digitale Zeitalter“ gefordert. Die Finanzminister von zehn EU-Staaten, ebenfalls unter französischer Führung und unter deutscher Beteiligung, hatten zuvor schon ein konkretes Modell vorgeschlagen: eine „Ausgleichssteuer“, die sich an den Umsätzen der Digitalunternehmen orientiert.
Die EU könne nicht akzeptieren, dass internationale Konzerne ihrem „fairen Anteil“ an der Steuerlast auswichen, sagte damals Finanzkommissar Pierre Moscovici. Kritiker warnen jedoch davor, dass ein allzu resolutes Vorgehen gegen die großen amerikanischen Digitalkonzerne den Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten verschärfen könnte.